15.Oktober 2007

  • © Landkreis Reutlingen

Einbringung des Kreishaushalts 2008

Hand in Hand:
Partnerschaftlich  Zukunft sichern!

 
Einbringung durch Landrat Thomas Reumann
15. Oktober 2007
Es gilt das gesprochene Wort

 
Meine sehr geehrten Damen und Herren Kreisräte
Sehr geehrte Damen und Herren,

 
Die demographischen Fakten akzeptieren
Die Folgen des demographischen Wandels sind in Deutschland überall spürbar. Immer weniger Kinder und eine zunehmend ältere Bevölkerung führen zu tiefgreifenden Änderungen, die in unserem unmittelbaren Lebensumfeld spürbar sein werden.
Gemeinden, Städte und Kreise werden sich durch die demographischen Entwicklungen von Grund auf wandeln. Die Veränderungen betreffen alle kommunalen Bereiche, die wir mit Daseinsvorsorge, Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit verbinden:
Unsere Kindergärten, unsere allgemeinbildenden Schulen ebenso wie unsere Berufsschulen, die Regional- und Bauleitplanung, die Entwicklung am Wohnungsmarkt und das Zusammenleben untereinander.
Die demographischen Veränderungen werden aber auch für die wirtschaftliche und die finanzielle Entwicklung auf kommunaler Ebene immer wichtiger. Ungünstige demographische Strukturen werden sich beispielsweise zunehmend negativ auf die Steuereinnahmen auswirken. Durch sinkende Einwohnerzahlen werden die Benutzerzahlen von öffentlichen Einrichtungen und die Einnahmen aus Gebühren zurückgehen. Und dies bei gleichbleibend hohen Fixkosten für die Schuldentilgung der Investitionen. Folgt man den statistischen Berechnungen, wird das Hauptergebnis der demographischen Veränderungen eine Verringerung des Wirtschaftswachstums sein.
Wir werden aber auch künftig unsere Schulden zurückzahlen müssen und wir werden auch weiterhin in unsere Infrastruktur investieren müssen. Und spätestens seit der aktuellen Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg vom Februar diesen Jahres wissen wir, dass wir keine Insel der Seeligen sind, dass wir hier im Landkreis Reutlingen zu den 31 Landkreisen in Baden-Württemberg gehören, die bis 2025 mit einem Bevölkerungsrückgang rechnen müssen, der bereits vor zwei Jahren begonnen hat.
Wenn es nun aber richtig ist, dass wir nicht dem Grundirrtum unterliegen dürfen, dass die Bevölkerungsschrumpfung ein vorübergehendes Phänomen ist, das nach einer gewissen Zeit des Übergangs ein neues Gleichgewicht auf niedrigerem Niveau erreichen wird, dann müssen wir die Zukunft heute - und nicht erst in einigen Jahren an den absehbaren Entwicklungen ausrichten.
Dann geht es darum, die Attraktivität im Wettbewerb um Einwohner und Betriebe weiter zu steigern, dann ist es von besonderer Bedeutung, die harten Standortfaktoren wie die Infrastruktur weiterzuentwickeln und zu verbessern. Es ist dann wichtig, langfristig die standortbezogene Lebensqualität zu verbessern. Vor allem aber geht es darum, den dafür notwendigen Finanzspielraum dauerhaft zu erhalten und in guten Zeiten Vorsorge zu treffen für die Schlechten.
Wenn wir es auf den Punkt bringen, dann geht es im Kern also darum, auf uns und für uns passende glaubwürdige Perspektiven zu entwickeln und umzusetzen.
Nun, vielleicht ist es in dieser ganzen aufgeregten Wirtschaftsaufschwungzeit sinnvoll, die „innere Reset-Taste“ zu drücken und kurz innezuhalten. Zwischen Wirtschaftsaufschwung, sich täglich überholenden Erfolgsmeldungen einerseits und auf der anderen Seite der Versuchung, sich in Vorschlägen zu überbieten, die vermeintliche finanzielle Freiheit dazu zu nutzen, den konsequenten und notwendigen Nachhaltigkeits-Kurs zu verlassen, besinnt man sich dann leichter auf Zeitloses, wie solide und langfristig angelegte und damit glaubwürdige Kommunalpolitik.
Ich meine, wir sind genau in dieser Richtung gemeinsam gut unterwegs. Denn:


Wir haben hier im Landkreis Reutlingen schon viel erreicht!

Lassen Sie mich nur einige wenige Themenbereiche ansprechen:

Schützen durch Nützen!
Am Sonntag letzter Woche haben wir mit einem großen Fest den Abschluss des Förderprogramms REGIONEN AKTIV gefeiert. Wir haben dabei nochmals unterstrichen, dass die nachhaltige Regionalentwicklung im Landkreis Reutlingen in den vergangenen 6 Jahren eine Erfolgsgeschichte ist, die belegt dass der von uns gelebte integrative Naturschutzansatz erfolgreich ist. Ein Naturschutzansatz ohne erhobenen Zeigefinger, dafür mit ausgestreckter Hand, ein Ansatz der die Menschen gewinnt und einbindet, ein Ansatz, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Es geht dabei nicht bloß um „BIO“, es geht um nicht exportierbare Arbeitsplätze im Tourismus, in der Landwirtschaft, im Handwerk, es geht um wirtschaftliche Entwicklung und vor allem geht es darum, dass regionale Produkte helfen, unsere wunderschöne Kulturlandschaft zu schützen und zu erhalten. Darum geht es.


Wir sind uns bewusst:
Der Klimaschutz beginnt vor unserer Haustüre !
Hier in diesem Raum ist vor ziemlich genau einem Jahr von der FWV-Fraktion der Stein ins Wasser geworfen worden zur Gründung einer Klimaschutzagentur. Einer Klimaschutzagentur, verstanden als breit angelegtes Aktionsbündnis von Landkreis, Städten und Gemeinden, Industrie und Handwerk, Institutionen und Vereine und aller mit dem Klimaschutz befassten Akteure.


Von Anfang an also weit mehr als eine bloße Energieberatung, weit mehr als eine nur einmalige Veranstaltung weil dies gerade „Zeitgeist ist“, sondern angelegt als dauerhafter Prozess und vernetzt in der Region, denn Klimaschutz hört nicht an der Landkreisgrenze auf.
 Wir haben die Aufgaben definiert, eine große Informationsveranstaltung durchgeführt, einen Gesellschaftsvertrag erarbeitet und in der Zwischenzeit viele positiven Rückmeldungen von den Städten und Gemeinden und Institutionen  bekommen, die gerne und aus Überzeugung mitmachen werden. Und wir haben weitere wichtige Gesellschafter gewinnen können.
Vor allem aber habe ich in der letzten Woche den Zuwendungsbescheid aus dem Landesförderprogramm Klimaschutz – plus über 100 000 Euro – erhalten. Herzlichen Dank Frau Umweltministerin Gönner! Wir sind also im Zeitplan und machen jetzt Dampf, um die Klimaschutzagentur noch in diesem Jahr zu gründen.


Wenn wir über wichtige, ja existenzielle Themenfelder sprechen, muss die Bildung angesprochen werden, denn:

„Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn der letzte Dollar weg ist“ , wie es Mark Twain formuliert hat.

Die Ausbildung und die Qualifikation unserer jungen Menschen zählt zu den zentralen politischen Aufgaben der kommunalen Ebene, zur Daseinsvorsorge des Landkreises.
Schulabschluss und berufliche Qualifikationen entscheiden über den weiteren Lebensweg unserer jungen Menschen, sie entscheiden aber auch über die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft und letztlich über den gesellschaftlichen Wohlstand in unserer Region. Bildung ist die Zukunftsinvestition schlechthin.
Wir haben im Landkreis Reutlingen in unseren Städten, unseren Gemeinden ein hervorragendes Schulangebot und unsere Berufsschulen sind hierbei ein wichtiger und entscheidender Baustein.  Ja, wir sind stolz auf unsere Berufsschulen.
Deshalb wird der Landkreis als Schulträger auch weiter kräftig in die Bildung unserer Kinder investieren. Die von uns beauftragte systematische Untersuchung aller Berufsschulgebäude hat in der Gesamtschau in einem ersten Schritt einen Investitionsbedarf von rd. 10 Mio Euro ergeben, der in den kommenden Jahren aufzubringen ist.


Im Wettbewerb um Betriebe zählen nur
Harte Standortfaktoren.
Kommunale Wirtschaftspolitik muss deshalb die besten Rahmenbedingungen und ein optimales Umfeld für Wirtschaftswachstum schaffen, was in besonderem Maße für eine intakte Verkehrsinfrastruktur und ein gutes bedarfsorientiertes ÖPNV-Angebot gilt.


In beiden Bereichen ist der Landkreis Reutlingen gut aufgestellt. Der Haushaltsentwurf 2008 spiegelt den festen Willen wider, beide Bereiche entschlossen voranzubringen. Für die Entwicklung des ÖPNV`s ist zudem wichtig, dass wir die Frage der Machbarkeitsstudie für die Regionalstadtbahn sobald wie möglich auf den Punkt bringen.

Meine Damen und Herren, wir haben den
Mut zu neuen Wegen im sozialen Bereich bewiesen:
Weg von isolierten Einzelkürzungen nach dem Rasenmäherprinzip, stattdessen gemeinsam mit unseren Partnern die Strukturen auf den Prüfstand stellen und fortschreiben dort, wo es notwendig ist und Sinn macht. Wir haben einen klaren Schwerpunkt gesetzt auf die Themen Prävention, Vorbeugung und ambulante Hilfen, um hier bereits die Weichen im Vorfeld richtig stellen zu können und nicht erst im nachhinein den Reparaturbetrieb des Sozialhaushalts in Anspruch nehmen zu müssen. Und wir haben durch vertragliche Regelungen mit differenzierten Laufzeiten Planungssicherheit bei den Leistungserbringern geschaffen.


In der Jugendhilfe wird der Planansatz 2008 wie schon im Vorjahr nochmals geringfügig reduziert werden können. Mit gezielten, dem Einzelfall angepassten Maßnahmen einer intensiven Zusammenarbeit mit den örtlichen Trägern, welche die Hilfe erbringen, stellen wir dabei sicher, dass die Neuausrichtung nicht mit Qualitätseinbußen verknüpft ist, sondern im Gegenteil eher eine Verbesserung mit sich bringt.

Der Modellversuch mit unseren regionalen Leistungserbringern wurde mit positivem Ergebnis ausgewertet, diese Form der Zusammenarbeit soll fortgesetzt werden. Wie vorgesehen, werden wir die Auswahl unserer Partner in einem Interessenbekundungsverfahren vornehmen, in dem inhaltliche und  qualitative Kriterien vorgegeben werden, die zuvor gemeinsam entwickelt worden sind.

Bereits im laufenden Haushaltsjahr 2007 wurden die Mittel für die Schulsozialarbeit aufgestockt. Dies findet seine konsequente Fortsetzung im Jahr 2008. Ebenso wird der Haushaltsansatz  bei der mobilen Jugendarbeit erhöht.
Diese bedarf- und an klaren Kriterien orientierte und notwendige Ausweitung der Schulsozialarbeit wie der mobilen Jugendarbeit sind wichtige Bausteine, die Zukunftsfähigkeit der Jugendhilfe dauerhaft zu sichern. Vernetzt mit unserem Kreisgesundheitsamt, mit unseren Hauptschulen, mit unseren Berufsschulen, mit unserem Job-Center, kurz mit allen, die ganz nah und unmittelbar an den Schülern, den Jugendlichen dran sind, ist das ist für mich der richtige, der direkte und mittel- wie langfristig einzig erfolgsversprechende Weg.
Aber klar ist schon jetzt, dass Schulsozialarbeit nicht nur an Hauptschulen, sondern auch an Realschulen und Gymnasien sinnvoll und zunehmend erforderlich sein wird. Wir werden uns deshalb in den kommenden Monaten sehr intensiv darüber zu unterhalten haben, wie wir auf diese Bedarfe reagieren, wenn die Schulsozialarbeit nicht mehr die Ausnahme an einzelnen Schulen darstellt, sondern zum Regelfall wird und wie wir deren Finanzierung dann gemeinsam sicherstellen.


Eingliederungshilfe

Mit rd. 30 % Anteil am Zuschussbedarf der Sozialausgaben ist die Bedeutung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur unzureichend charakterisiert, denn dahinter stehen Menschen, stehen Schicksale.
Deshalb erfüllt es mich mit Sorge, dass das bisherige Versorgungssystem der Eingliederungshilfe offensichtlich an seine Grenzen stößt. Um die bisher erreichte Qualität halten zu können und für jeden behinderten Menschen auch in Zukunft ein bedarfsgerechtes Hilfeangebot anbieten zu können – und es geht um beides- muss das Hilfesystem Eingliederungshilfe umgebaut und weiter angepasst werden. Auch hier wird es notwendig sein, zu investieren, in eine behindertengerechte Arbeitswelt, in einen weiteren Ausbau der Infrastruktur, die für eine ambulante Versorgung notwendig ist.
Wichtige Erkenntnisse dazu erwarten wir hierzu aus der wissenschaftlichen Begleitung eines sehr beachtenswerten Modellprojekts, mit dem unser größter Träger im Landkreis Reutlingen, die Bruderhaus-Diakonie beispielhaft in Vorleistung getreten ist. Rd. 30 Heimbewohner, immerhin 10 % der dort stationär versorgten Menschen aus dem Landkreis werden seit 1. Juli ambulant betreut.
Fakt ist, die Anzahl behinderter Menschen und der Anteil derjenigen, die auf Hilfe angewiesen sind, wird weiter ansteigen. Unser Ziel, diesen Fallzahlenanstieg im Rahmen des vorhandenen Budgets abzudecken, ist deshalb ein ehrgeiziges Ziel, für dessen Umsetzung – und ich möchte dies auch heute mit Nachdruck unterstreichen- wir einen langen Atem brauchen werden. Immerhin sind auch hier erste Erfolge des zarten Pflänzchens „strukturelle Weiterentwicklungen“ festzustellen: während die Fallzahlen 2006 um plus 6% angestiegen sind, ist der Zuschussbedarf in diesem Zeitraum um nur 4 % gewachsen. Im
Haushalt 2008 ist eine Steigerung um rd. 1,5 Mio unterstellt.


Ich meine übrigens schon, dass es erlaubt sein muss, das derzeitige Vergütungssystem in der Eingliederungshilfe, das aus individuell verhandelten Tagessätzen mit einem festen Investitionskostenanteil, Grund- und Maßnahmepauschalen besteht, zu hinterfragen. Schließlich ist dies ist ein System, dass wir früher im Krankenhauswesen ebenfalls hatten und das dort aus gutem Grund durch Festvergütungen für die konkrete Leistung abgelöst wurde. Ob dieses System auch auf die Besonderheiten der Eingliederungshilfe passt und damit 1:1 übernommen werden kann, muss sicherlich intensiv geprüft werden.
Aber ich sage dies auch vor dem Hintergrund, dass wir nach einigen Jahren der Zurückhaltung und natürlich auch vor dem Hintergrund gestiegener Personal- und Sachkosten von den Trägern und – damit kein Missverständnis entsteht: aus deren Sicht sehr nachvollziehbar- umfassend zu Vergütungshandlungen aufgefordert worden sind. Das Ergebnis der Verhandlungen haben wir im Haushaltsentwurf natürlich noch nicht vorweggenommen, aber mit einem konkreten Mehrbetrag  in der Größenordnung von mindestens 500 000 Euro ist zu rechnen.


Die Bedeutung des Sozialhaushalts mit 56,5 % an den Gesamtausgaben macht folgende Folie deutlich.

Nur ein Hinweis, um Missverständnisse zu vermeiden: Der Sozialhaushalt erhöht sich insgesamt um 3,8 %, die Leistungsausgaben „nur“ um 1,6 %. Hintergrund ist die haushaltsrechtlich vorgegebene Etatisierung der inneren Leistungsverrechnungen.

Meine Damen und Herren,

Wir investieren verstärkt in unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:
Denn wir wollen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Landkreis auch weiterhin ein attraktiver und verlässlicher Arbeitgeber sein.
Wir entwickeln deshalb derzeit ein umfassendes Personalentwicklungskonzept von dem einige wichtige Bausteine wie ein Fortbildungsprogramm auf der Grundlage einer Mitarbeiterbefragung und die Bereitstellung eines betrieblichen Sozialdienstes schon umgesetzt worden sind und sich im Haushalt 2008 widerspiegeln. Die Personalkosten bleiben 2008 in Etwa auf Höhe des Vorjahres, trotz entsprechender Tarifsteigerungen.


Wenn wir den Blick weiterhin kurz in die Verwaltung hinein richten ist festzustellen, dass wir mit dem bisherigen Ergebnis der Verwaltungsreform, auch hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen, sehr zufrieden sein können. Die integrierte Verwaltung ist im Interesse der Menschen. Wir sind nahe dran an den Menschen, und wir können vor Ort besser vernetzen. Eine schnelle, eine effiziente und eine am Wirtschaftskunden orientierte Verwaltung, dadurch bedingte kurze Genehmigungszeiten sind für mich auch eine wichtige, eine klare und zukunftsorientierte Antwort auf die Herausforderung der demographischen Entwicklung und im Wettbewerb um Menschen und Unternehmen von großer Bedeutung. Die gemeinsam mit dem Baurechtsamt der Stadt Reutlingen innerhalb kürzester Zeit erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Fa. Bosch zur Errichtung der neuen Halbleiterfertigung spricht für sich.
Klar ist:
Wir brauchen weitere Optimierungen und in einigen Bereichen
drängen sich Kooperationen zwischen den Landkreisen gerade zu auf, wie z.B. im Bereich Flurneuordnung mit den Landkreisen Tübingen und Zollern-Alb.
Dieser Königsweg der Kooperation zwischen den Landkreisen, der sich in vielen Bereichen schon bewährt hat, ist aus meiner Sicht übrigens auch ein Weg, der bei der Frage, wie geht es mit unserem Amt für Schule und Bildung weiter und wie kann die notwendige Fachlichkeit durch eine ausreichende Anzahl an Schulräten landkreisübergreifend sichergestellt werden, ein bedenkenswerter und gangbarer Ansatz ist.
Bildungspolitik ist Landessache – ohne wenn und aber - klar !
Richtig ist aber auch, dass sich die Integration des Amtes für Schule und Bildung in das Landratsamt Reutlingen in höchstem Maße bewährt hat. Die Zusammenarbeit mit dem Kreisjugendamt, mit dem Kreisgesundheitsamt, mit dem Job-Center, aber auch mit anderen Beteiligten innerhalb und außerhalb des Landratsamtes hat sich beispielhaft entwickelt. Wir haben gemeinsame Ausbildungsinitiativen für unsere Hauptschüler erfolgreich auf den Weg gebracht, die Zusammenarbeit zwischen Hauptschulen und Berufsschulen hat sich beispielhaft entwickelt. Das Projekt Schulverweigerer ist mir ebenfalls in bester Erinnerung.


Warum, meine Damen und Herren, führe ich dies alles im Zusammenhang mit der Einbringung des Haushaltsentwurfs 2008 in dieser Breite aus?
Nun, weil Grundlage aller Initiativen, aller Hilfen und aller Investitionen ist, dass wir es auch vor dem Hintergrund der demographischen Veränderungen dauerhaft schaffen, ausreichend Finanzmittel bereit zu stellen.


3. Die Fortsetzung unserer nachhaltigen Finanzpolitik ist deshalb unverändert das Gebot der Stunde
Über was sprechen wir ? Machen wir es konkret:


Wir hatten im vergangenen Jahr einen Hebesatz von 36 % Punkten vereinbart, was in absoluten Beträgen einer Kreisumlage von 83 Mio. Euro entsprach. Würden wir diese 36 % Punkte belassen, hätte dies eine Kreisumlage von 93,2 Mio. Euro zur Folge. Hintergrund ist, dass die Steuerkraft bei den Gemeinden um 12,3 % und beim Landkreis 10,8 % gestiegen ist. Übrigens beides deutlich unter dem Landesdurchschnitt.

Nach einer Absenkung des Kreisumlagehebsatzes um 1,2 %- Punkte von 2005 auf 2006 schlage ich Ihnen für 2008 eine weitere Absenkung um 1,5 %-Punkte auf dann 34,5 % vor, was in absolutem Betrag 89,3 Mio. € entspricht.
Dies ermöglicht eine Zuführung zum Vermögenshaushalt in Höhe von rd. 15. Mio. €. Das wiederum heißt im Klartext:


· keine neue Kreditaufnahme
· eine Kredittilgung und damit Abbau der vorhandenen Schulden um rd. 5 Mio. € und vor allem
· die Finanzierung der notwendigen Investitionen aus den Einnahmen im Verwaltungshaushalt, nicht aus Schulden.


So, wie es sein muss!

Fakt ist:
Wir kommen von einer absoluten Verschuldung in Höhe von 81,5 Mio. €  im Jahr 2005 und damit der zweithöchsten Pro-Kopf-Verschuldung aller Landkreise in Baden-Württemberg. Ich bin sehr optimistisch, dass wir nach der vorliegenden Hochrechnung zum Ende des Jahres 2007 diese absolute Verschuldung auf 71,6 Mio. Euro werden reduzieren können.


Meine Damen und Herren, wir haben dann die absolute Verschuldung von 2005 bis Ende 2007 um rd. 10 Mio. Euro reduziert.
Von diesem Ausgangspunkt ausgehend sieht der Haushalt 2008 vor, die absolute Verschuldung um weitere rd. 5 Mio. Euro zu reduzieren. D.h.: Abbau der absoluten Verschuldung 2005 bis 2008 um rd. 15 Mio. €.
Und ich sage Ihnen ganz offen weshalb mich das so vehement umtreibt: Wir sprechen darüber, dass der Landkreis Reutlingen unverändert zu den am höchsten verschuldeten Landkreisen im Land Baden-Württemberg zählt. Wir sprechen darüber, dass wir eine gewaltige Investition in unseren Kreiskliniken von nach derzeitigem Kenntnisstand weit über 60 Mio. Euro schultern müssen. Wir haben dabei einen pauschalen Investitionszuschuss des Landkreises von rd. 33 Mio. € unterstellt, sehenden Auges, dass dies nur funktionieren kann, wenn die Kreiskliniken-GmbH in ihrem Wirtschaftsplan tatsächlich einen namhaften Betrag erwirtschaften kann – Fragezeichen !
Wir müssen darüber hinaus, da beißt keine Maus den Faden ab, dringend in unsere Berufsschulen an allen drei Standorten in einem ersten Schritt 10 Mio. Euro investieren.
Wir werden  zur Werterhaltung auch in unsere Verwaltungsgebäude in erheblichem Umfang investieren müssen. Allein die derzeit in der ersten Stufe bekannten Maßnahmen der Gebäudeanalyse gehen von weiteren rd. 10 Mio. Euro aus.
Wir müssen deshalb ab 2009 in erheblichen Umfang zusätzliche Kredite aufnehmen und dadurch unsere absolute Verschuldung wieder entsprechend deutlich erhöhen müssen.


Deshalb kann es heute nach meinem Verständnis nur darum gehen, keine neuen Schulden zu machen und soviel wie möglich in den Schuldenabbau einzuplanen.  Das ist der Punkt, meine Damen und Herren, und nach meiner Überzeugung die einzig zukunftsrobuste Strategie, die auch den demographischen Veränderungen gerecht wird.
Deshalb ist die Frage der Höhe der Kreisumlage für mich auch keine Frage des Taschenrechners nach dem Motto:
„Was ist rechnerisch“ oder „finanzmathematisch“ möglich?
Nein : Es geht um eine politische Entscheidung.
Es geht um die Fragestellung: Halten wir es im Bereich der Finanzen mit Kontinuität oder begeben wir uns mit der Kreisumlage auf eine Berg- und Talbahnfahrt ? Es geht es um die Frage: Haben wir den Willen und den Mut, den Perspektiven mindestens das gleiche Augenmerk zuteil werden zu lassen wie den gegenwärtigen dringlichen oder vermeintlichen Handlungsbedürfnissen und Wünschen.
Denn wenn ich die überaus positive Haushaltsentwicklung in den meisten Städten und Gemeinden zur Kenntnis nehme, dann muss die Frage erlaubt sein:
Wann, wenn nicht heute und wann, wenn nicht jetzt, wollen wir Schulden abbauen?
Auf was wollen wir warten? Wie gut muss sich die wirtschaftliche Lage entwickeln, wie hoch müssen die Steuereinnahmen sein, wie positiv müssen sich die Haushalte in den Städten und Gemeinden entwickeln, um im Sinne einer gelebten Partnerschaft, Hand in Hand, beim Landkreis und damit für die nachfolgenden Generationen eine angemessene Vorsorge für die bevorstehenden Investitionen zu treffen? Wann also, wenn nicht heute?


Meine Damen und Herren,
wir stehen unverändert vor großen Aufgaben. Der Landkreis Reutlingen wird nach meiner festen Überzeugung lebenswert, attraktiv und handlungsfähig bleiben, wenn wir den eingeschlagenen Weg miteinander gemeinsam konsequent weitergehen.
Ich bin überzeugt: Wir können es gemeinsam schaffen, gemeinsam die Herausforderungen der demographischen Veränderungen entschlossen anzugehen! Gemeinsam mit dem Kreistag, mit der Verwaltung, gemeinsam mit allen Akteuren im Landkreis.
Hand in Hand partnerschaftlich Zukunft sichern mit und für die Menschen im Landkreis Reutlingen.
Darum geht es !


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