5. April 2006

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Bioenergieforschungsplattform Baden-Württemberg am Unteren Lindenhof

Grußwort zur Auftaktveranstaltung zum Aufbau der „Bioenergieforschungsplattform Baden-Württemberg“ am Unteren Lindenhof der Universität Hohenheim am 5. April 2006, 09.00 Uhr
 
Sehr geehrter Herr Minister,
sehr geehrter Herr Prof. Liebig,
Frau Bürgermeisterin Krug,
Herr Saiger, MdB’s, MdL’s,
Kreisräte, Gemeinderäte,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
 
es ist schon ein besonderer Anlass, der uns am heutigen Vormittag am Unteren Lindenhof der Universität Hohenheim zusammengeführt hat. Der Aufbau der Bioenergieforschungsplattform Baden-Württemberg ist ein besonders zukunftsorientiertes Projekt in Baden-Württemberg.
 
Die Endlichkeit der fossilen Energieträger und die Klimaveränderungen machen es unumgänglich, alternative Energie, auch wenn sich diese zur Zeit noch nicht alle wirtschaftlich darstellen, neue Wege in der Energieversorgung zu gehen, diese zumindest vorzuzeichnen und zu erforschen. Und es ist meine feste Überzeugung, dass wir die Anforderungen von morgen und die Fragestellung von übermorgen nicht mit Antworten von gestern beantworten können und dürfen. Und deshalb ist diese Bioenergieforschungsplattform – auch wenn dieses Wort in der Zwischenzeit stark abgegriffen ist – ein gutes Beispiel einer nachhaltigen Politik. Sie sind die Ergebnisse der Forschung und ein wichtiger Baustein.
Gerade in Zeiten der Globalisierung und damit auch der Entfremdung von Dienstleistungen und Produkten werden regionale Prozesse und Initiativen wieder wichtiger. Der Landkreis Reutlingen hat deshalb in den vergangenen 5 Jahren die Chancen der Förderprogramme PLENUM und REGIONEN AKTIV genutzt für eine neue Wahrnehmung von Naturschutz: Naturschutz nicht mehr als der erhobene Zeigefinger, sondern als die ausgestreckte Hand, die bei der Realisierung nachhaltiger Projekte hilft. „Schützen durch Nützen“ heißt die Devise und ich bin Ihnen, sehr verehrter Herr Minister Hauk, außerordentlich dankbar, dass das Land Baden-Württemberg und Sie persönlich das Projekt PLENUM, also das Projekt des Landes zur Entwicklung von Natur und Umwelt, nachdrücklich vorangebracht und unterstützt haben. In dem Zeitraum von 2001 bis 2006 wurden bislang über 265 Projekte mit einer Fördersumme von 3,8 Mio. EUR und einem Investitionsvolumen von rd. 8 Mio. EUR auf den Weg gebracht. Ein Handlungsfeld dieser Projekte ist das Thema Energie und Energieversorgung, denn die Endlichkeit der fossilen Energieträger und die Klimaveränderungen machen es unumgänglich, alternative Energieformen zu entwickeln. Das Thema „Dezentrale Energieversorgung“ wird in allen Diskussionen als wichtiges erkannt. Im Zuge der Regionalentwicklung im Landkreis Reutlingen hat das Kapitel „Nutzung von Biomasse“ einen besonderen Stellenwert, da hieraus ohne Zweifel auch Chancen und konkrete Unterstützung für unsere land- und forstwirtschaftlichen Erzeuger wachsen können. Für den Landwirt als Energiewirt eröffnen sich neue Perspektiven und auch für den Forstwirt ist die Vermarktung von Restholzprodukten ein nicht uninteressanter Wirtschaftszweig. Vielleicht interessiert es Sie, dass wir aus Mitteln von PLENUM/REGIONEN AKTIV im Bereich regenerative Energien den Bau einer Aufbereitungshalle für Holzhackschnitzel unterstützt haben, ein Zukunftsforum Landwirtschaft gemeinsam mit dem Kreisbauernverband finanziert haben, mit den Hauptthemen Heizkraftwerke mit Biogas oder Rapsöl sowie die dezentrale Energieversorgung mit Grundstoffmix.
Übrigens befindet sich in Hohenstein-Bernloch eine der ersten landwirtschaftlichen Biogasanlagen. Im Jahr 1960 von einem Landwirt errichtet, ist sie eine der ersten „Tüftleranlagen“, die noch heute in Betrieb ist. Einen Faulraum mit 22 Kubikmeter Inhalt, einen selbst konstruierten Gaskessel zur Gasspeicherung und ein Aggregat mit 8 KW elektrischer Leistung. Das Gros der übrigen Anlagen im Landkreis wurde um die Jahrtausendwende errichtet. Das damals gültige EEG - Energieeinspeisegesetz – gewährte eine Vergütung von 20 DPf je Kilowattstunde. Auf dieser Grundlage war ein wirtschaftlicher Betrieb nur möglich, wenn mit kostenlosen Substraten wie Rindergülle als Abfall der Nahrungsmittelerzeugung gearbeitet wurde. Mit der Novellierung des EEG wurde ein regelrechter Biogasboom ausgelöst. Vor allem der sogenannte Navaro-Bonus in Höhe von 6 Cent je Kilowattstunde Strom macht seither einen gezielten Anbau von gärfähigem Substrat wirtschaftlich interessant.
 
Die Biogasgenese ist im Grund ein urzeitlicher Vorgang: In Vorzeigen hatte die Erde eine Atmosphäre aus Methangas. Die für diese Atmosphäre verantwortlichen Bakterien haben in den großen Sümpfen den Zeitenlauf überlebt. Heute sind sie zu einem Hoffnungsträger für die Zukunft mutiert: Die Menschen hoffen, mit ihrer Hilfe der Knappheit und Endlichkeit der fossilen Energieträger zu begegnen. Und deshalb, meine Damen und Herren, ist die Bioenergieforschungsplattform Baden-Württemberg am Unteren Lindenhof der Universität Hohenheim so wichtig.
 
Vielleicht interessiert es Sie noch: Nach unserem Kenntnisstand haben wir derzeit 15 Biogasanlagen am Netz mit Leistungsbereichen zwischen 8 bis 250 Kilowatt je Anlage. Weitere 7 Anlagen, Neuanlagen und Anlagenerweiterungen befinden sich im Planungsstadium bzw. im Genehmigungsverfahren.

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