Streifzug durch die Geschichte des Landkreises

Der Kreis Reutlingen mit dem Albvorland, den Tälern der Echaz und Erms und der Albhochfläche ist geografisch kein einheitliches Gebiet. Schon in urgeschichtlicher Zeit boten sich hier ganz verschiedenartige Lebensbedingungen. Dennoch finden sich im gesamten Gebiet Spuren menschlicher Tätigkeit und Siedlung seit der Altsteinzeit, also seit rund 30.000 Jahren.

Aber erst die Menschen der bei uns um 2.000 v.Chr. beginnenden Metallzeit haben deutlich sichtbare Zeugnisse ihrer Anwesenheit hinterlassen: Hügelgräber, Befestigungen und Viereckschanzen. Das eindrucksvollste Beispiel einer solchen Befestigung, die sogenannte Elsachstadt bei Grabenstetten, das Kernstück des "Heidengrabens", stammt aus der keltischen Blütezeit um 450 v.Chr.

Römische Herrschaft und der "Alb-Limes"
Im ersten Jahrhundert n.Chr. drangen die Römer von der Donau nach Norden vor. Auf der Alb bauten sie Kastelle - unter anderen Gomadingen und Donnstetten -, die sie mit einer Straße verbanden, dem "Alb-Limes". Im Norden streifte die wichtige römische Neckartalstraße unser Gebiet. Landwirtschaft und Gewerbe entfalteten sich entlang dieser Verkehrsadern und im Hinterland.

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Die Klosterkirche in Zwiefalten

Die Alemannen
Die römische Herrschaft in der Region endete, als die Alemannen in mehreren Vorstößen um 260 n.Chr. den Limes durchbrachen und hier zu siedeln begannen. Bereits im 4. Jahrhundert war der "Runde Berg" bei Urach ein befestigter Herrensitz. Die ältesten bäuerlichen Siedlungen der Alemannen - heute noch erkennbar an der Ortsnamensendung -ingen - bilden trotz stetigem weiterem Ausbau des Landes im Verlauf von rund 1.500 Jahren  das Grundmuster für die heutige Siedlungsstruktur.

Die ersten schriftlichen Zeugnisse über Orte aus unserem Landkreis stammen aus der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts. Sie sind in Schenkungsbüchern des Klosters Lorsch aufgezeichnet. Es sind die Orte Auingen, Donnstetten, Engstingen, Erpfingen, Genkingen, Hayingen, Meidelstetten, Münsingen, Seeburg, Trailfingen, Willmandingen und Zainingen.

Die Grafen von Achalm
In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts gehörte das heutige Kreisgebiet in den Einflussbereich der Grafen von Achalm und bildete damit für etwa ein halbes Jahrhundert in gewisser Weise eine Einheit, wie sie erst im 19. Jahrhundert wieder erreicht wurde. Mit dem Bau der Burg Achalm um 1050, einer der ersten Höhenburgen in Süddeutschland überhaupt, und der Gründung des Klosters Zwiefalten 1089, das bald zu einem kulturellen und religiösen Zentrum wurde, schufen die Grafen zwei Faktoren, die lange das Schicksal der näheren und weiteren Umgebung beeinflussten.

Die Grafen von Urach
Nach dem Aussterben der Achalmgrafen 1098 zerfiel ihre Herrschaft. Im Ermstal saßen bis ins 13. Jahrhundert die mit den Achalmgrafen verwandten Grafen von Urach, die dann ihren Sitz nach Fürstenberg verlegten. Nach dem Untergang der Staufer fiel die Grafschaft Urach zwischen 1254 und 1265 genauso an Württemberg wie weite Gebiete auf der Alb und im Albvorland. Im 15. Jahrhundert waren etwa zwei Drittel des heutigen Kreisgebiets bereits in württembergischer Hand.

Württemberg gliederte sein Territorium in Verwaltungsbezirke, die Ämter (später Oberämter). Die württembergischen Orte im heutigen Kreisgebiet zählten fast ausnahmslos zum Amt Urach, das wegen seiner Größe in mehrere Unterbezirke aufgeteilt war. Zwei davon, nämlich Münsingen und Pfullingen, wurden 1654 beziehungsweise 1699 zu selbständigen Ämtern erhoben.

Im Süden gelang es dem Kloster Zwiefalten, ein geschlossenes Territorium zu bilden. Im Norden baute das im 13. Jahrhundert zur Reichsstadt erhobene Reutlingen ein kleines Territorium auf. Auf der Alb schließlich konnten sich einige Reichsritter behaupten, und im 16. beziehungsweise 17. Jahrhundert gelangte Fürstenberg in den Besitz der Herrschaften Trochtelfingen und Hayingen.

Württemberg, Unterämter und Oberämter
Diese Vielfalt an Herrschaftsverhältnissen nahm in napoleonischer Zeit ein Ende. Bis auf die fürstenbergische Herrschaft Trochtelfingen, die an Hohenzollern-Sigmaringen fiel, wurde das gesamte heutige Kreisgebiet württembergisch. Württemberg nahm die Reichsstadt Reutlingen und das Kloster Zwiefalten bereits im November 1802 in Besitz und machte deren Territorien zu neuwürttembergischen Oberämtern.

Während das Oberamt Zwiefalten jedoch schon 1810 der Neugliederung Württembergs zum Opfer fiel und größtenteils im Oberamt Münsingen aufging, erhielt das Oberamt Reutlingen zu den ehemals städtischen Orten das weltliche und das Klosteroberamt Pfullingen hinzu, das Stabsamt Gomaringen, das Unteramt Willmandingen, Bronnen mit Mariaberg und schließlich 1842 Eningen. Das altwürttembergische Oberamt Urach wurde zugunsten des Oberamtes Münsingen verkleinert, das auch die aufgelösten Adelsherrschaften auf der Alb aufnahm.

1817, bei der Einteilung des Königreichs in vier Kreise, Verwaltungsbezirken, die den heutigen Regierungsbezirken entsprechen, wurde Reutlingen Regierungssitz für den Schwarzwaldkreis (bis 1924), zu dem 17 Oberämter, darunter Reutlingen und Urach, gehörten. Das Oberamt Münsingen zählte zum Donaukreis.

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Sitz der Regierung des Schwarzwaldkreises von 1905 bis 1924

Die Neugliederung des Landes 1938 brachte die Auflösung des Oberamts Urach, das zwischen den Kreisen Münsingen und Reutlingen aufgeteilt wurde.

Die Kreisreform 1973
Schon nach 35 Jahren gab es bei der Kreisreform 1973 erneut gravierende Änderungen. Der Kreis Münsingen wurde aufgelöst und ging größtenteils im neugebildeten Landkreis Reutlingen auf. Nur einige Orte im Nordosten kamen zum Alb-Donau-Kreis. Links des Neckars erhielt der Landkreis Reutlingen mit dem "Unteramt" Zuwachs vom Kreis Tübingen. Außerdem traten insgesamt fünf Gemeinden von den Landkreisen Saulgau, Sigmaringen und Nürtingen hinzu.

Seit dem Abschluss der wenig später erfolgten Gemeindereform 1975 gehören
26 Gemeinden, darunter die großen Kreisstädte Reutlingen und Metzingen, die Städte Bad Urach, Hayingen, Münsingen, Pfullingen und Trochtelfingen sowie der gemeindefreie Gutsbezirk Münsingen zum Landkreis Reutlingen. Seine Einwohnerzahl ist inzwischen auf über 280.000 gestiegen.

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